23) Achtsamkeit gegenüber Wort und Bild - Sprache ist mächtig, Gedanken sind es auch. Hygiene des Alltags.
Da ist nichts, was von außerhalb des Menschen in ihn hineingeht, das ihn verunreinigen kann, sondern was aus dem Menschen herausgeht, das ist es, was den Menschen verunreinigt. (Markus 7,16)
Mit dem Denken vollzieht sich ein inneres Handeln - Karl Jaspers
Es gibt eine Sprache, die verbindet und Brücken schlägt, und es gibt eine Sprache, die trennt und Gräben aufreisst. Es ist zunächst das Sprechen an sich, das verbindend oder trennend wirkt. Aber auch die Wörter und Bilder, die wir verwenden, können sanft oder scharf, klar oder vernebelnd, tröstend oder heilend sein, kränken oder schwächen.
Experten setzen Gespräche, Kommunikation sowie Massenkommunikation gezielt ein. Viele von uns jedoch achten nicht darauf, was sie wirklich sagen, was sie wirklich hören oder lesen.
Auf meiner Facebook Seite Wort und Sprache will ich Menschen für einen achtsamen Umgang mit der Sprache sensibilisieren. Dazu habe ich an Einträgen in Facebook und anderen öffentlich gemachten Aussagen gezeigt, wie sie auf unser Unterbewusstsein wirken. Denn:
Worte haben mehr Kraft als viele Rituale. - Paulo Coellho, Brida
Am Anfang war das Wort
Worte - ob gesprochen oder nur gedacht - schaffen Wirklichkeiten. Durch selbsterfüllende Prophezeiungen, Segnungen oder auch Glaubenssätze nehmen wir positiven oder negativen Einfluss auf den Lauf der Dinge. Und da wir - zumindest bei Tagesbewustsein - kaum existieren können, ohne zu denken, erschaffen wir in jeder Minute unsere Wirklichkeit.
Was erschaffe ich mir jetzt?
Gedankendisziplin ist Hygiene der Seele. Viele bräuchten weniger Fitnesstraining und mehr Gedankentraining, ein Training, auf seine Gedanken zu achten. Es ist wichtig, achtsam mit Wort, Sprache und Bildern zu sein und sich darin zu üben.
Achtsamkeit ist auch deswegen wichtig, weil wir alles, was wir sehen, sagen oder lesen, auch denken. Wir befinden uns immer in diesem inneren Raum, wo wir wie in einem Fitnesscenter unsere mentalen Muskeln trainieren und uns formen. Was wir denken, kann uns stärken oder schwächen.
Achtsamkeit führt zur Klarheit: Klarheit der Sprache und Klarheit des Denkens. Wenn wir uns unabsichtlich unklarer Sprache bedienen, tragen wir dazu bei, dass andere, wie auch wir selber, unklar denken und unsere Wahrnehmung abstumpfen. Ich nenne das Vernebelung: die Vernebelung anderer und die Selbst-Vernebelung. Dadurch wird die Achtsamkeit untergraben, die innere Stimme und das Herz werden - wenn überhaupt - nur noch gedämpft wahrgenommen.
Ich sage euch aber, dass die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie reden. Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden. - Mt 12,36
Es gibt jedoch auch ein absichtliches vages Sprechen, welches viel Raum für Interpretationen lässt. Solche Unschärfe ist hier nicht gemeint.
Die Sprache prägt uns, mehr als es uns bewusst ist. Durch die Sprache prägt uns auch die Kultur, in der wir leben. Achten wir auf unsere Sprache, auf die Subkultur, in der wir leben; denn wenigstens hier haben wir die Wahl - und für diese Wahl tragen wir die Verantwortung.
Sprechen in Fremdsprachen, also nicht nur Fremdsprachen zu lernen, sondern mit ihnen zu leben, ob während eines Auslandaufenthalts oder auch "nur" dadurch, dass wir Filme und Bücher in Originalsprachen sehen und lesen, verwandelt uns, erweitert unsere Denkmuster, vergrössert unser Mitgefühl und steigert unsere Kreativität.
Das Hebräische kennt in der Konjugation der Verben keine Tempora, keine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; es unterscheidet lediglich zwischen dem Modus des abgeschlossenen Ereignisses ("Perfekt") und dem des unabgeschlossenen Zustandes ("Imperfekt"). Im Englischen lenken wir durch die Verwendung des Particium Praesens (z.B. I am eating) die Aufmerksamkeit auf das Tun. In der chinesischen Sprache gibt es keine verneinenden Sätze: Es gibt das Wort nein, aber keine Möglichkeit, ein Verb zu verneinen.
Solche Vermeidung von Negationen fördert:
- Die Klarheit der Sprache: Ich will kein Steak, sagt dem Kellner nichts darüber, was ich will.
- Die Klarheit der Wahrnehmungen: Wir können kein NICHT wahrnehmen.