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Die Mahlzeiten, von denen berichtet wird, daß Jesus an ihnen während seiner irdischen Wirksamkeit teilgenommen hat, verkündigen und stellen die Nähe des Gottesreiches dar, für das die Speisungen der Menge ein Zeichen sind. Bei seinem letzten Mahl war die Gemeinschaft des Gottesreiches verbunden mit dem Ausblick auf Jesu zukünftiges Leiden. Nach seiner Aufersrtehung ließ der Herr seine Jünger im Brechen des Brotes seine Gegenwart erkennen. Die Eucharistie führt somit diese Mahlzeiten Jesu während seines irdischen Lebens und nach seiner Auferstehung weiter, und dies immer als Zeichen Gottesreiches. (Lima -Texte: Eucharistie 1)
"Der Menschensohn ist gekommen, er ißt und trinkt" (Mt 11,19; Lk 7,34). Dies war nicht nur für die Zeitgenossen Jesu ein auffallender Zug seines Wirkens; auch für Jesus selbst rührte er an das Herz seiner Sendung. "Ich habe mich so sehr danachg gesehnt, dieses Pascha mit euch zu essen vor meinem Leiden. Denn ich sage euch: Ich werde es nicht mehr essen, bis es seine Erfüllung findet im Reich Gottes ... Von nun an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis das Reich Gottes kommt" (lk 22,15-18).
Jesu Weg bis in diese Stunde des Abschieds im Kreis seiner Jünger und die ausstehende Zukunft der Vollendung im Reiche Gottes schließen sich für ihn zusammen als eine Geschichte der Mahlgemeinschaft, in die er als Mensch unter den Menschen eingetretten ist und die auch durch den Tod nicht endgültig aufgehoben ist.
Es zeichnen sich hier drei Stadien der Mahlgemeinschaft ab: die Zeit des irdischen Lebens, die Stunde des Abschieds und die Vollendung im Reiche Gottes. Die nachösterliche Gemeinde beruft sich auf das Abschiedsmahl Jesu als die Stiftung des eucharistischen Mahles. Wo aber ordnet sich dieses Mahl der nachösterlichen Gemeinde in den Weg Jesu ein? Steht es - wie das letzte Abendmahl, auf das es sich beruft - noch vor beziehungsweise an der Schwelle zur kommenden Vollendung? Oder ist die Eucharistie schon die Verwirklichung der neuen Mahlgemeinschaft Jesu im Reiche Gottes? Und vor allem: wie verhält sich dieses nachösterliche Mahl zu den Formen und Erfahrungen der Mahlgemeinschaft, die Jesus vor seinem Leiden mit den Menschen hatte? Ist hier einfach eine Zäsur eingetreten, so daß das Mahlhalten des irdischen Jesus für die Jünger nach Osten und bis heute keinen zur Nachfolge und Wiederholung verpflichtenden Charakter hätte?
Die letzte Frage schient mir in der heutigen Situation der Kirche und der Ordensgemeinschaften wichtig, fruchtbar und noch keineswegs geklärt zu sein. Sie soll auch durch die nachfolgenden Ausführungen nicht beantwortet werden. Ich würde mich freuen, wenn sie durch unsere Betrachtung des Mahlhaltens Jesu zur Zeit seines irdischen Wirkens uns alle in ihrer herausfordende Kraft ergreifen und uns in diesen gemeinsamen Tagen nicht mehr verlassen würde.
Schon für die Juden war das Mahl, ja selbst das formloseste Essen, ein religiöser Akt: er konnte nicht wenigstens ohne einen kurzen Lobpreis, eine "berakah", auf die schenkende Güte und Bundestreue Jahwehs geschehen. Jedes festlichere, jedes Sabbatmahl und vor allem das jährliche Paschamahl wurden zum Anlaß eines feierlichen Lobpreises des Heilshandelns Jahwehs an seinem Volk von den Anfängen der Schöpfung, der Berufung Abrahams und der Herausführung aus Ägypten an bis zu dem Geschenk des Bundes und der Torah, der ausmündete in die Bitte um Vollendung dieses Heilswirkens durch das Kommen des Messias.
Mahlhalten war für den Juden Ausdruck seiner Teilhabe an der "Schalom", die Jahweh seinem Volk schenkt, an der Gabe des verheißenen Landes, an der von Gott gestifteten und gesegneten Heilsgemeinschaft seines auserwählten Volkes. Und so lag es schon für die Juden der Zeit Jesu nahe, auch die Vollendung dieses Heils im Reiche Gottes unter dem Bild des Mahles zu erwarten: "Selig, wer im Reich Gottes am Mahl teilnehmen darf", ruft einer der Gäste an der Tafel eines Pharisäers aus, bei der auch Jesus als Gast anwesend ist (Lk 14,15).
Jesus greift dieses Bild ungebrochen auf: "Ein Mann veranstaltete ein großes Festmal und lud viele dazu ein" (Lk 14,16-24). Bei Mt 22,1-10 wird aus diesem Festmal ein Hochzeitsmahl. Auch im Gleichnis von den 10 Jungfrauen (Mt 25,1-13) erscheint die Teilhabe am Reiche Gottes als Teilnahme an einem Hochzeitsmahl. Und wenn der Herr im Gleichnis vom anvertrautn Geld (Mt 22,24-30) den treuen Dienern sagt: Nimm teil an der Freude des Herrn, so ist auch hier von einer festlichen Mahlgemeinschaft die Rede.
Mit unmittelbarerem Realitätsbezug - nicht als Gleichnis, sondern als Bildrede - verwendet Jesus das Motiv der Mahlgemeinschaft mit den Stammvätern Abraham, Isaak und Jakob, zu der viele von Osten und Westen kommen werden, während die dazu Bestimmten davon ausgeschlossen bleiben (Mt 8,11; Lk 13,29). Schließlisch haben auch die Seligpreisungen der Arme, denen das Reich Gottes gehört, der Hungernden, die satt sein, und der Trauernden, die lachen werden (Lk 6,20 f), die Gabe von Brot und Wein in der Mahlgemeinschaft des Reiches Gottes im Blick.
Doch wie im Reich Gottes, so ist es auch mit dem Mahl: es ist Bild und Inbegriff der Vollendung, doch ist es das Anliegen Jesu, daß diese Zukunft jetzt schon, in der Stunde seines Kommens, beginnt: Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erde. Unser Brot vom Himmel gib uns heute. (Mt 6,10 f; Lk 11,2 f). - Das ist jedenfalls eine mögliche Deutung der Brotbitte im Vaterunser: daß sie sich nicht nur auf das irdische Brot bezieht, dessen wir heute physisch zum Leben bedürfen, allerdings auch nicht im engeren Sinne auf das eucharistische Brot, wie viele Kirchenväter es deuteten, sondern im umfassenden Sinn auf das Brot und die Mahlgemeinschaft der kommenden und mit Jesus heute schon anbrechenden Heilszeit. Die Mahlgemeinschaft, auf die sich Jesus mit den Menschen einläßt, möchte stets, in allen ihren Formen, die Erfüllung dieser Bitte an den himmlischen Vater erfahrbar machen und damit Zeichen für den Anbruch des Reiches Gottes mitten unter den Menschen sein,
Alle vier Evangelien berichten die Speisung der Tausenden, Mt und Mk gleich in doppelter Form (Mt 14,13-21; Mk 6,30-44; Lk 9,10-17/Mt 15,32-39; Mk 8,1-10/Joh 6,1-15). Neben dem Abschiedsmahl Jesu mit seinen Jüngern ist dies das einige Mahl, in dem Jesus der Gastgeber ist und den Vorsitz führt. Auch stilistisch ist in allen Fassungen der Bezug dieser Berichte zum Abendmahl an der entscheidenden Stelle offenkundig: Darauf nahm er die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie seinen Jüngern (Mk 6,41). Johannes bringt mit der Brotrede Jesu im Anschluß an dieses Wunder dessen eucharistischen Vorbildcharakter nachdrücklich zu Wort.
Dennoch darf dieses gewichtige Ereignis nicht nur durch seinen Bezug zum letzten Mahl Jesu im Kreis der Seinen gedeutet werden. Es hat ein zu großes programmatisches Eigengewicht im Kontext des öffentlichen Wirkens Jesu. Und wenn dies recht gesehen wird, dann erhebt sich auch umgekehrt die Frage, wie sich das eucharistische Mahl Jesu im Kreis seiner Jünger seinerseits zu diesem aufsehenerregenden Mahlwunder Jesu in der Öffentlichkeit seines Volkes und im Kontext seiner Botschaft vom Reich verhält.
Der heilsgeschichtliche Zusammenhang dieses Zeichens ist klar; - Joh 6,31 f knüpft ausdrücklich daran an: Moses hat dem Volk Israel in der Wüste das Brot vom Himmel gegeben. Es war der Ausdruck dafür, daß das Volk sich im Glauben mitten in der Wüste auf den Gott, der es aus Ägypten herausgeführt hatte, verlassen konnte, - daß er zu seinem Volk stehen, es sammeln und einen und in seiner geschichtlichen Existenz tragen und erhalten werde. In der Situation der Wüstenwanderung ist das Brotwunder zugleich Vorzeichen und Vorgeschmack für die verheißende Gabe des gelobten Landes. In der Zeit Jesu wurde das Brotwunder zum erwarteten messianischen Zeichen für eine erneute Herausführung und Sammlung des auserwählten Volkes, zum Vorzeichen für die endgültige Gabe des Heiles im Reiche Gottes.
Während Johannes dieses Zeichen durch eine ausführliche eucharistische Rede deutet, ist für den synoptischen Jesus der Sinn dieses Zeichens eindeutig. Während seine Junger sich im Boot über ihren mangelhaften Proviant Gedanken machen, erinnert sie Jesus nur - ohne weitere Erläuterungen - an diese beiden großen Zeichen, um ihnen deutlich zu machen, daß es in der gegenwärtigen Heilsstunde unter der Herrschaft Gottes der ängstlichen Sorge um das tägliche Brot nicht mehr bedarf. Hüttet Euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer, sagt er (Mt 16,5-12). Einzig die Sorge um das Reich Gottes und seine Gerechtigeit - d.h. um ein kindliches Vertrauen in die verge ende und fürsorgende Güte Gottes - zählt.
Dieses Vertrauen ist jedoch nicht blindfür den, der sehen kann. Jesus selbst vergegenwärtigt das Erbarmen Gottes angesichts der menschlichen Bedürftigkeit: Als er ... die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrete sie vieles (Mk 6,34); bzw. und er heilte die Kranken, die bei ihnen waren (Mt 14,14) . Und wiederum: Ich habe MItleid mit der Menge. Schon drei Tage harren Sie bei mir aus und haben nichts mehr zu essen. Wenn ich sie hungrig nach Hause schicke, werden sie unterwegs zusammen brechen; denn einige von Ihnen sind von weither gekommen.(Mk 8,2; Mt15,32). Wort, Heilung und Brot bzw. Mahlgemeinschaft: alle drei sind Gaben des göttlichen Erbarmens an das hirtenlose Volk. Matthäus stellt dieses Wort vom Erbarmen Jesu über die Schafe, die keinen Hirten haben, programmatisch an den Kopf seiner Aussendungsrede (Mt 9,36). Er fordert seine Jünger zunächst auf, sich dieses Erbarmen zueigen zu machen und von ihm bewegt den Herrn der Ernte um Arbeiter für seine Ernte zu bitten (Mt 9,38). Dies ist die innere Einstellung, mit der dann auch die Jünger selbst in die Sendung Jesu eintreten sollen - entsprechend der Aufforderung in den Brotvermehrungsberichten: Gebt ihr ihnen zu essen. (Mk 6,37 parr.).
Dieses erbarmende Sehen der Not des Volkes, das an der Wurzel der messianischen Sendung Jesu und seiner Jünger liegt, verweist zurück auf den Anfang der Exodusgeschichte (Ex 3,7 f). Gesehen, ja gesehen habe icgh das Elend meines Volkes. Ich kenne ihr Leid. Ich bin herabgestiegen, um sie der Hand derj Ägypter zu entreißen und aus jedem Land hinaufzuführen in ein schönes und weites Land, in ein Land, wo Milch und Honig strömen. Die Flamme, die vor den Augen des Mose aus dem Dornbusch schlägt, ohne diesen zu verbrennen, zeigt ihm, wie unauslöschlich der Eifer Jahwes für sein Volk in diesem Erbarmen entbrannt ist. Die Zeit der Ohnmacht und des ziellosen Wartens, die Mose in der Wüste bei seinem Schwiegervater Jetro verbracht hat, ist vorbei: er erhält seine Sendung. Und jetzt geh! Ich sende dich zum Pharao. Führe mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten heraus.
Aus der gleichen Flamme des Erbarmens Gottes über sein Volk, die für den, der sehen kann, in Jesus brennt, entspringt auch sein neuer Auftrag, in den er seime Jünger miteinbezieht: der Auftrag, das Volk, die verlorenen Schafe des Hauses Israel, zu sammeln und der Verheißung des Reiches Gottes entgegenzuführen: Geht nicht zu den Heiden, und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel" (Mt 10,6). Auch die namentliche Berufung des Zwölferkreises stellt Matthäus (Mt 10, 1-4) in diesen Zusammenhang: es geht um die Wiederherstellung des Zwölfstämmevolkes in der Stunde des neuentbrannten göttlichen Erbarmens.
Der Brotvermehrungsbericht des Johannes bietet ein Detail, das in den anderen fünf Berichten nicht enthalten ist, das aber gerade auch auf dem Hintergrund synoptischer Überlieferungen bedeutsam wird: es ist en kleiner Junge, der den Aposteln seine fünf Gerstenbrote und zwei Fische herausrückt. Es ist ja nicht gesagt, dass niemand sonst etwas dabei hatte; aber dieses Kind trug es offen und harmlos vor sich hin und gab es auch ohne weiteres her, als die Apostel darum fragten. Von einem Kind, das vertrauensvoll das Seine hergibt, nimmt das Wundergeschehen seinen Ausgang. Das Dankgebet, das Jesus sodann über dieses Brot und den Fisch spricht, bringt die Gesinnung der vertrauenden Gotteskindschaft gegenüber dem Vater zum Ausdruck, der das Brot vom Himmel gibtrund weiß, was wir nötig haben.
Doch ist dieses Dankgebet zugleich in Kurzform der Lobpreis, der dankend auf das Heilshandeln Gottes an seinem Volk von dem Auszug aus Ägypten an zurückblickt un die jetzige Stunde unter das Wirken seines Heilswillens stellt. Uns so entspringt diesem erbarmenden Heilswillen Gottes der erneute konkrete Auftrag an die Jünger, das gesegnete Brot auszuteilen. Das Wunder geschieht.
Wird vervollständigt